Den Mast mit allen Wanten und Stagen richtig einzustellen mag für manchen Segler eine Respekt einflößende Aufgabe darstellen, aber zum Glück ist es nicht so kompliziert wie das Stimmen eines Konzert-Flügels! Letztendlich ist es lediglich ein Alu-Rohr mit ein paar Drähten daran. Oder, wenn es etwas teurer war, ein Stück Kohlefaser mit ein paar Rod-Stangen. Immer sind es vier Parameter, die Sie verstehen müssen, um Ihr Rigg zu beherrschen:
- Mastfall
- seitlicher Trimm
- Mastbiegung und
- Vorstagdurchhang
Mastfall
Mastfall kann mit unterschiedlichen Methoden gemessen werden.
Mastfall ist ein Maß dafür, wie weit der Mast von der Senkrechten nach achtern geneigt ist. Ein typischer Mastfall reicht von anderthalb bis zweieinhalb Grad bei einem topgetakelten Cruising-Rigg bis zu vier Grad bei einem 7/8-getakelten Regattamast. Ein Mast sollte niemals nach vorne geneigt sein, es sei denn, das Bootsdesign ist etwas ungewöhnlich (und Sie werden schnell herausbekommen, ob dies der Fall ist!). Wenn Sie den Mastfall vergrößern, kippen Sie den gesamten Segelplan nach achtern. Dies wiederum verschiebt den Segeldruckpunkt nach achtern und drückt den Bug in den Wind. Als Steuermann werden Sie versuchen, das auszugleichen. Sie spüren dann Ruderdruck.
Der Mastfall wird durch die Vorstaglänge bestimmt. Je länger das Stag inklusive aller Toggle, umso größer der Mastfall. Aber Vorsicht bei Masten, die durchgesteckt sind und auf dem Kiel stehen: Hier müssen Sie auch die Mastfußposition verschieben, wenn Sie die Vorstaglänge ändern. Andernfalls verändern Sie auch die Vorbiegung Ihres Mastes! Und wenn Vorstaglänge und Mastfussposition überhaupt nicht harmonieren, kann es gefährlich für das Material werden. Dann droht langfristig sogar Bruch im Bereich der Decksdurchführung!
Um den Mastfall anzupassen und den richtigen Ruderdruck zu erzeugen, ändern Sie die Länge des Vorstags. Wie viel Mastfall ein bestimmter Schiffstyp benötigt ergibt sich aus Rumpf- und Kielform und der Kielposition relativ zum Segeldruckpunkt, also aus dem Lateralplan. In den meisten Einheitsklassen wird viel Zeit darauf verwendet um herauszufinden, was am besten funktioniert. Das Ergebnis sind Trimmtabellen mit Angaben zur Mastposition, Vorstaglänge und Wantenspannung. Darüber hinaus wird die Vorstaglänge je nach Wind sogar loser oder fester getrimmt: Bei wenig Wind wird es verlängert, um Mastfall und damit Ruderdruck zu erzeugen und bei zunehmenden Wind verkürzt, um Druck loszuwerden.
Ein Wort zum Ruderdruck: Ruderdruck in Maßen ist gut und erwünscht! Der Ruderanstellwinkel soll der Abdrift des Schiffes entsprechen. Nur dann setzen Sie Ihr Ruder als zusätzliche Lateralfläche ein und verringern so die Abdrift. Ein ganz neutrales Ruder ist also nicht optimal. Das gilt auf allen modernen Schiffen mit angehängten Rudern.
Für Fahrtenyachten und manchen anderen Bootstypen gibt es keine Trimmanleitung. Um die Amwind-Performance zu optimieren, brauchen wir also wie beschrieben etwas Ruderdruck. Ein Ruderanstellwinkel von drei bis fünf Grad bei 8 bis 10 Knoten wahrem Wind wird allgemein als optimal erachtet. Um dies zu testen, segeln Sie bei 8 bis 10 Knoten hoch am Wind und lassen dann das Steuer los. Das Boot sollte sanft anluven. Wenn es geradeaus läuft oder sogar abfällt, brauchen Sie mehr Mastfall. Oder weniger, falls es zu hart anluvt. Machen Sie diesen Test nicht, wenn es zu windig ist. Ihr Boot wird anluven und zu viel Ruderdruck haben. Dann aber nicht wegen eines vermeintlich falschen Mastfalls, sondern weil es zu sehr krängt, was ebenfalls Ruderdruck erzeugt und das Schiff anluven lässt. Alte Segel, die tief und bauchig sind und nur noch schlecht auftwisten, können das Ergebnis natürlich auch beeinflussen und zu starkem Ruderdruck beitragen.
Eine Anleitung und Tabelle zur Ermittlung des aktuellen Mastfalls in Grad finden Sie hier.
Seitlicher Masttrimm
Wenn das Rigg nicht mittig über dem Schiff steht, werden Trimm und Performance auf beiden Bügen unterschiedlich sein. Um dies zu überprüfen, messen Sie mit einen Maßband oder dehnungsarmen Fockfall, das Sie mit einem Gewicht beschweren, auf beiden Seiten mehrmals zur Süllkante oder Oberwantpütting. Stellen Sie dann die Oberwanten so ein, dass diese gleichmäßige Spannung aufweisen. Dabei kann die Zollstockmethode helfen, eine geeignete Wantenspannung einzustellen. Bei einem Mehrsalingrigg sind als nächstes die Mittelwanten dran. Diese sind zunächst nur „handwarm“ einzustellen – auf keinen Fall zu fest! Das heißt, Sie kürzen beide Wantenspanner, bis erster Widerstand zu spüren ist und drehen von dort 2 oder 3 ganze Umdrehungen fester. Zuletzt stellen Sie Ihre Unterwanten ein.
Der endgültige Trimm für alle Wanten läßt sich nur auf dem Wasser korrekt ermitteln: Perfekte Bedingungen sind 10-12 Knoten Wind. Segeln Sie dazu am Wind mit vollem Druck in Groß- und Vorsegel. Die Oberwanten in Lee sollten nicht zu viel Lose haben. Gegebenenfalls sollten Sie mehr Spannung auf die Wanten bringen. Doch Vorsicht: Bei so genannten Discontinious-Takelungen werden gleichzeitig die Mittelwanten strammer! (Sie haben ein Discontinious Rigg, wenn Sie mehr als zwei Salingpaare haben, an Deck aber nur ein Oberwant und kein Mittelwant ankommt.) Um den Trimm zu prüfen peilen Sie während des Segelns von möglichst weit unten an der Achterkante des Mastes die Großsegelnut entlang. Abweichungen von der perfekten Geraden werden Sie so schnell erkennen und können entsprechend nachjustieren.
Wenn Sie mit dem Trimmen fertig sind, messen Sie alle Einstellungen der Spanner und notieren Sie diese gut! Mein Rat: Kleben Sie einen Zettel in den Kartentisch. Dort geht er nicht verloren! Es wäre schade, wenn Sie die Übung im kommenden Frühjahr wiederholen müssen. Versplinten Sie alle Spanner sorgfältig, aber nicht mit Ringsplinten. Ihr Mast wäre nicht der erste, der über Bord geht, weil eine Schot einen Ringsplint aus dem Spanner gezogen hat, ohne dass Sie es bemerken! Verwenden Sie also normale Splinte, die aufgebogen werden und tapen Sie alles sorgfältig ab. Oder verwenden Sie Rohre, die über die Spanner geschoben werden. Die gibt es im Yachtzubehörhandel zu kaufen.
Noch ein Wort zum Trimm: Wie erwähnt werden Wanten und Vorstag auf Regattayachten und in vielen Einheitsklassen laufend verstellt, um für jeden Wind den optimalen Trimm zu haben. Dabei spielen auch die Mittel- und Unterwanten eine wichtige Rolle. Sie beeinflussen die Tiefe des Großsegels. Es hat sich deshalb bewährt, bei Leichtwind mit losen Wanten zu fahren. Das geht so weit, dass der Mast in der Mitte sichtbar nach Lee wegfällt. Das erzeugt ein etwas flacheres Profil und erhöht gleichzeitig den Druck auf das Großsegel-Achterliek – also genau das, was man bei sehr leichtem Wind möchte.
Mastbiegung
(Falls Sie eine ältere Fahrtenyacht mit einem Rigg haben, das mehr an einen Telefonmast erinnert, können Sie diesen Abschnitt überspringen!)
Hier gut zu erkennen: Vorbiegung/Prebend eines Mastes mit gepfeilten Salingen.
Während Mastfall beschreibt, wie der Mast nach achtern geneigt ist, ist Mastbiegung das Maß zwischen Großbaum und Masttop, um den der Mast biegt – also die Mastkurve. Die Kurve kann man durch Peilen von der Seite gut erkennen. Mit Hilfe der Mastkurve verändern Sie die Form des Großsegels. Mehr Biegung macht das Segel flach – das brauchen Sie im oberen Windbereich. Ein gerader Mast sorgt hingegen für ein tiefes, kraftvolles Segelprofil. Ihr Riggtrimm beeinflusst, wie stark der Mast gebogen wird, insbesondere auf modernen 9/10-Riggs mit nach achtern gepfeilten Salingen. Aber egal, welche Art von Rigg Sie haben, Sie möchten mit einer kleinen Vorbiegung („Prebend“) beginnen. Vorbiegung ist die Mastkurve, die bei losem Achterstag zu erkennen ist. Durch die Vorbiegung wird sichergestellt, dass sich der Mast beim Spannen des Achterstags in der Mitte nach vorne bewegt und das Großsegel flacher macht. Ein komplett gerade getrimmter Mast birgt die Gefahr der Inversion, vor allem bei Seegang. Der Begriff „Inversion“ beschreibt einen Mast, der in der Mitte nach achtern gebogen ist. Vorbiegung ist also gut und sicher!
Ein längeres Vorstag vergrößert die Vorbiegung. Aus diesem Grund ist es wichtig, zuerst den Mastfall einzustellen. Die anderen Faktoren, die die Vorbiegung beeinflussen, sind bei durchgesteckten Masten die Position des Mastfusses und die Einspannung im Deck. 30 bis 80mm Prebend sind typisch für ein mittelgroßes Boot. Da der Mast im Deck zumeist fest eingespannt ist, bleiben Ihnen also die Vorstaglänge und die Mastfussposition, um die Vorbiegung zu beeinflussen: Mastfuss nach vorn reduziert die Vorbiegung, Mastfuss weiter nach achtern vergrößert diese.
Bei einem Rigg mit Inline-Salingen (querab stehend, nicht gepfeilt), die auf topgetakelten Yachten üblich sind, haben die Wanten wenig Einfluss auf die Mastbiegung. Einige Riggs haben jedoch zusätzliche laufende Backstagen oder Checkstagen, mit denen die Mastbiegung kontrolliert werden kann.
Animation von Mastbiegung vom vollen Segelprofil bis zum zu stark gebogenen Mast.
Wie viel Mastbiegung ist zu viel? Wenn Ihr Großsegel diagonale Falten von der Schot zum Vorliek entwickelt, ist das ein klares Zeichen, dass Mastbiegung und Vorkurve des Großsegel nicht zueinander passen. Wenn Sie solche Falten beobachten, sollten Sie die Mastbiegung reduzieren. Das erreichen Sie mit weniger Achterstagspannung oder, wenn Ihr Rigg gepfeilte Salinge hat, mit mehr Spannung auf Mittel- und Unterwanten.
Bei modernen 9/10-getakelten Riggs mit gepfeilten Salingen haben die Wanten großen Einfluss auf die Mastbiegung. Unter- und Mittelwanten halten den Mast nicht nur seitlich gerade, sondern kontrollieren auch die Mastbiegung, weil sie auch nach achtern ziehen. Sind sie zu stramm, kann der Mast nicht ausreichend biegen und das Großsegel wird nicht flach genug. Zu lose und der Mast biegt zu stark und das Großsegel verliert jede Form. In vielen Klassen wird die Riggspannung durch Nachspannen der Wanten und Verkürzen des Vorstags erreicht. Auf größeren Yachten gibt es häufig einen so genannten Mastjack: Das ist ein Hydraulikstempel, mit dem der ganze Mast hochgepumpt werden kann. In beiden Fällen erreichen Sie für den oberen Windbereich mehr Spannung im Rigg, um ein Überbiegen des Mastes zu verhindern.
Vorstagdurchhang
Animation von Vorstagdurchhang: Blau = gut getrimmt, Gelb = zu viel Durchhang.
Wenn ein wenig Mastbiegung gut ist, warum ist mehr nicht besser? Die Antwort ist Vorstagdurchhang. Wenn das Vorstag durchhängt, wird das Vorsegel entlang des Vorlieks (Anschnitt oder Entry) voller und insgesamt tiefer. Bei Leichtwind ist das toll. Wenn der Wind jedoch zunimmt, sollten Sie den Durchhang so weit wie möglich reduzieren, um das Vorsegel flacher zu trimmen und höher am Wind steuern zu können. Bei Wind dreht sich alles um Vorstagspannung – davon können Sie nie genug bekommen. Deshalb sollten Sie in einen vernünftigen Achterstagspanner investieren. Entweder eine Talje, die als Kaskade eine kraftvolle Untersetzung bietet, oder Kurbel- oder Hydraulikspanner. Ihr Segelmacher oder Rigger kann Sie beraten, falls Sie Bedarf haben.
Was haben die Mastbiegung und Vorstagdurchhang miteinander zu tun? Wenn Sie das Rigg mit dem Achterstag spannen, wird das Vorstag strammer, was gut ist! Sie ziehen aber auch den Masttop nach unten und komprimieren das Rigg, wodurch es stark biegt. Das verhilft dem Vorstag leider auch zu unerwünschtem Durchhang! Sie möchten eine Mastbiegung, um das Großsegel abzuflachen. Aber nicht so viel, dass Vorstagspannung verloren geht und Vorstagdurchhang vergrößert wird. Aus diesem Grund benutzen wir die Checkstays, um die Mastbiegung eines topgetakelten Riggs zu kontrollieren und Mittel- und Unterwanten bei einem Rigg mit gepfeilten Salingen. Beides macht den Mast gerader und reduziert damit den Vorstagdurchhang.
Keep it simple!
Machen Sie es sich einfach und halten Sie sich stets vor Augen, welches der vier wesentlichen Elemente des Riggtrimms die Segel flacher oder voller macht. Wenn Sie die Mechanik der einzelnen Elemente verstehen, können Sie die Feinabstimmung und die Gesamtkonfiguration Ihres Riggtrimms entscheidend verbessern.
Und falls Sie jemals Probleme mit Ihrem Rigg oder dem Trimm haben, rufen Sie Ihren Segelmacher an. Er wird sich darum kümmern!